Von Anna und A‘an
Nur im Ausland realisiert man, was im eigenen Land anders ist und bekommt ein neues Kulturverständnis. Anna ist ein halbes Jahr auf Lombok zur Schule gegangen, und A’an hat zweieinhalb Monate in Hamburg gelebt. In einem Gespräch unterhalten sie sich über die Dinge, die ihnen im jeweils anderen Land aufgefallen sind.
Der Straßenverkehr ist komplett anders
A’an: Als ich das erste Mal in Deutschland war, ist mir sofort aufgefallen, dass der Verkehr anders ist. Man fährt auf der rechten Seite, was für mich ungewohnt ist. Deshalb habe ich auch eine Weile gewartet, bis ich selbst Auto gefahren bin. Es gibt sehr viele Autos, die meistens neu sind, und sogar einige Elektro-Autos. Dafür nur wenige Roller. Aber die stehen oft an der Straße zum Mieten. Diese private Vespa (Foto) fand ich übrigens super schön.
Anna: Auf Lombok ist es genau umgekehrt, da fahren die meisten mit dem Roller, und es gibt eher wenige Autos. Wir hatten ja das Auto von deinem Freund gemietet, damit waren wir im Grunde schon privilegiert. Deshalb wurden an meiner Privatschule auch fast alle mit dem Auto gebracht. Das Auto ist also noch mehr Statussymbol als in Deutschland.
A’an: Das stimmt, und auf Lombok kann auch nicht jeder Auto fahren. Ich werde oft gefragt, ob ich jemanden irgendwo hinfahren kann. Aber ein eigenes Auto besitze ich auch nicht. Es reicht, wenn man einen Roller hat.
Anna: Ich finde Roller fahren toll, aber dafür muss es auch trocken sein. Dann ist man schnell dort, wo man hinmöchte. Der Umgang mit Verkehrsregeln ist auf Lombok ganz anders, es ist zum Beispiel nicht so wichtig, ob die Ampel rot ist. Oft fahren trotzdem alle weiter.
Rote Ampeln werden beachtet
A’an (lacht): Ganz genau! In Deutschland halten alle bei der roten Ampel. Auch Fußgänger, wenn gar kein Auto kommt. Das hat mich sehr gewundert.
Anna: Das glaube ich dir, aber wenn eine Mutter mit ihrem Kind an der roten Ampel wartet, sollte man als gutes Vorbild nicht über die Straße gehen. Manche Autofahrer fahren trotzdem weiter, das kann dann sehr gefährlich werden, also verlassen kann man sich nicht darauf, dass wirklich jeder hält.
A’an: Wenn ich mit dem Auto in Hamburg gefahren bin, habe ich mich an jede rote Ampel gehalten (lächelt). Ich finde auch toll, dass man eigentlich immer mit dem Fahrrad fahren kann. Das hat mir besonders gut gefallen, denn es gibt überall extra Fahrradwege. Es ist gesund für den Körper, und man ist an der frischen Luft. Auf Lombok geht das nicht besonders gut …
Anna: … nein, wir haben das zwar mal gemacht, aber es gibt keine Radwege, und die Landschaft ist ja eher hügelig. Manchmal sieht man Radfahrer auf der Straße, die haben mir immer ein bisschen leidgetan.
A’an: Ja, die machen das entweder, um Benzin zu sparen, oder eben auch als Sport, aber bei der verschmutzten Luft ist es bestimmt nicht gesund.
Ältere Leute sind sehr aktiv
A’an: Mich hat sonst noch erstaunt, wie aktiv ältere Leute in Deutschland sind. Sie fahren Auto, sind mit dem Fahrrad unterwegs, und wenn sie nicht mehr gut laufen können, haben sie einen Gehwagen. Das finde ich toll.
Anna: Die älteren Leute werden immer mehr in Deutschland. Sie sind manchmal auch sehr sportlich und jugendlich gekleidet, das ist auf Lombok ganz anders. Ältere Menschen sind zum einen nicht so viel unterwegs, und zum anderen sind sie dann auch traditionell gekleidet. Manchmal habe ich ältere Herren in der Stadt gesehen, die bei jemanden auf dem Roller mitfuhren. Und wir haben ja deine Großmutter besucht, die noch ganz fit ist. Auf dem Foto steht sie neben mir. Sie ist oft unterwegs, um essbare Pflanzen zu ernten und geht immer barfuß. Mir gefiel, dass sie nicht allein lebt, sondern von ihren Kindern und Enkelkindern umgeben ist.
A’an: Bei uns muss eigentlich keiner allein sein, einer sorgt für den anderen. Die Regeln sind sehr strikt besonders in den Dörfern.
Anna: Das habe ich auch so empfunden. Alles ist irgendwie einheitlicher als in Deutschland. Ihr feiert zusammen die gleichen Feste und betet regelmäßig. Als wir bei eurem Fastenbrechen dabei sein konnten, waren wir die einzigen Europäer. Man fällt sofort auf als hellhäutiger Mensch.
Ein einfaches "Moin" reicht
A’an: Ja, das stimmt. Und in Hamburg gibt es alle Nationalitäten. Es ist egal, welche Hautfarbe man hat, ich wurde deshalb nie besonders angeguckt. So viele multikulturelle Menschen, das hatte ich nicht erwartet, denn ich kannte ja nur die Deutschen, die auf Lombok Urlaub machen. Auf jeden Fall waren die Leute in Hamburg immer sehr nett und freundlich zu mir.
Anna: Naja, zu dir muss man ja auch nett sein, wenn du die Leute immer anlächelst. Und du hast doch immer alle gegrüßt unterwegs …
A’an (nickt zustimmend): Du meinst, wenn ich immer Moin gesagt habe! Weißt du noch die ältere Dame im Supermarkt, die ich gegrüßt habe? Sie hat mich ganz irritiert angesehen, weil sie dachte, sie müsste mich von irgendwoher kennen. Ich hab ihr dann gesagt, dass ich sie aber jetzt kennen würde.
Anna (lacht): Daran kann ich mich sehr gut erinnern! Auf Lombok wird man fast von jedem begrüßt und auch gleich gefragt, wo man herkommt und wo man hinmöchte. Die Indonesier sind sehr offen, aber wenn es zu oft passiert, dann war es mir auch manchmal zu viel.
A’an: Für uns sind Gäste sehr wichtig, und wir werden schon früh erzogen, dass wir freundlich und hilfsbereit zu ihnen sein sollen. Dazu gehört eben auch die Frage, wie es ihnen geht. Dafür war es in Deutschland für mich ungewohnt, dass ich bei Besuchen immer von mir erzählen sollte, aber auch schön ...
Die Fortsetzung des Gesprächs (Teil 2) folgt in Kürze …
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