Heute wollen wir Novy Suryani kennenlernen, die zukünftige Deutschlehrerin von A’an, und ich bin schon sehr gespannt auf sie. In der Jalan Energi in Ampenan gehen die Hausnummern kreuz und quer, sodass wir sie anrufen, um uns den Weg erklären zu lassen. Schließlich landen wir in einer sehr schmalen Straße und verlassen das Auto. Auf dem noch schmaleren Weg, in dem sich Novys Haus befinden soll, geht man am besten zu Fuß weiter. Am Ende sehen wir eine Frau, die uns zuwinkt. Das muss Novy sein, denke ich erfreut.
Das Aufnahmeformular ist die erste Hürde
Sie begrüßt erst Anna und dann uns. Danach betreten wir den Klassenraum, der mit seinen hellgrünen Wänden sehr frisch aussieht. Wir nehmen Platz und erzählen ihr von unseren Erlebnissen an der internationalen Schule, die wir kurz zuvor besucht haben. „Anna ist fleißig“, findet sie und nickt ihr zu. Dann gibt sie ihrem zukünftigen Schüler A'an ein Aufnahmeformular zum Ausfüllen. Doch als er es kurz darauf in seinen Händen hält, stutzt er. Es sei ja alles auf Deutsch, und er würde nichts verstehen. „Komm“, meint Anna und nimmt ihm das Blatt aus der Hand, „ich helfe dir.“
Währenddessen schauen wir uns in dem Unterrichtszimmer interessiert um. An den Wänden hängen an den passenden Stellen kleine Aufkleber mit den deutschen Bezeichnungen für Steckdose oder Lichtschalter. Und an einer Fotowand sind die Bilder von Indonesiern zusammengetragen, die in Deutschland oder Europa unterwegs sind und Grüße in die Heimat geschickt haben. Hamburg erkennen wir auch und zeigen es A’an, der inzwischen mit dem Formular fertig ist. Er ist viel stiller als sonst, ganz so als würde er alles voller Ehrfurcht in sich aufnehmen.
Ist schon einmal jemand durch die Prüfung gefallen?
Novy zeigt uns die Lehrbücher von bekannten deutschen Verlagen. Ich blättere darin und stoße schon wieder auf unsere Stadt. A’an möchte die Bilder ebenfalls sehen und blättert daraufhin selbst andächtig durch die Seiten. Ich traue mich Novy zu fragen, ob schon einmal einer ihrer Schüler durch die Prüfung am Goethe-Institut gefallen ist. „Nein, zum Glück nicht“, sagt Novy und legt ihre Hände aufeinander. Das ist eine gute Nachricht, denke ich und lächle zu A’an herüber, der sich noch immer das Deutschbuch ansieht. Zwei Wochen nach unserer Abfahrt soll es schon losgehen! Mir gefallen auch die Plakate an der Wand mit guten Sprüchen wie „Am Ende wird alles gut sein. Und wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.“ Ich spüre schon jetzt, dass A’an sich hier richtig wohlfühlen und bestimmt gut Deutsch lernen wird.
Nachdem wir uns herzlich von Novy verabschiedet haben, essen wir in der Shopping Mall Matahari (Deutsch: Sonne) in Mataram zu Mittag. Das Einkaufszentrum in Lomboks Hauptstadt ist sehr modern, es gibt Belustigungen für Kinder (Anna übt sich später im Bogenschießen), und Geschäfte über mehrere Ebenen, die fast alles anbieten. In einer Buchhandlung frage ich nach dem Roman „die Regenbogentruppe“, besser gesagt, ich frage nach „Laskar Pelangi“, so der Titel hierzulande. Der indonesische Schriftsteller Andrea Hirata ist mit diesem autobiographischen Werk in aller Welt bekannt geworden, doch nicht jeder Indonesier kennt das Buch. Die Geschichte hat mein Herz berührt, deshalb empfehle ich es auch A’an. Er kauft ein Exemplar, und ich bin jetzt schon gespannt, wie ihm das Buch gefallen wird …
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