Indonesier sind sehr familienverbunden. Man hilft und unterstützt sich gegenseitig, keiner wird hängen gelassen. Anders als bei uns, wo die Lebensplanung sehr individuell ist, streben die jungen Leute in Indonesien danach zu heiraten und eine Familie zu gründen. Im Personalausweis steht entweder der Hinweis, „verheiratet“ (kawin) oder „noch nicht verheiratet“ (belum kawin). Es ist also gar nicht vorgesehen, dass jemand gar nicht verheiratet sein möchte.
Als Jörgs Bruder mit seiner Freundin auf Bali war, wurden sie irritiert gefragt, warum sie denn nicht verheiratet seien. Selbst kinderlose Ehepaare sind ungewöhnlich in indonesischen Augen. Bei Jörgs Bruder hat sich beides inzwischen zum Positiven gewandt, die Indonesier können zufrieden sein. Allerdings sind auch wir als Ehepaar mit nur einem Kind nicht unbedingt Indonesien-kompatibel. Warum nur eins? Meine Standardantwort lautet dann immer: „Die eine ist so gut geraten, das kann man nicht mehr steigern.“
Je mehr Gäste desto besser
A’an ist oft zu Hochzeiten eingeladen, denn sein Bekanntenkreis ist groß, und manch einer heiratet sogar schon mit fünfzehn. Eine indonesische Hochzeit ist sehr farbenprächtig und laut. Diese finden zu bestimmten Zeiten gehäuft statt, denn wie bei uns gibt es beliebte Zeiten fürs Heiraten so zum Beispiel in den Monaten vor und nach Ramadan (bei islamischen Hochzeiten). Generell gilt bei einer Hochzeit: Je mehr Gäste desto mehr Prestige für die Eltern des Brautpaares. Mehrere hundert oder gar tausend Gäste sind da keine Seltenheit. In ländlichen Gebieten ist natürlich das ganze Dorf eingeladen. In einer langen Kolonne ziehen „König und Königin samt Gefolge“ und lauter Musik (Trommeln oder Gamelan Orchester) durch die Straßen und legen den Verkehr lahm. Das haben wir sowohl auf Bali als auch auf Lombok etliche Male erlebt.
Hochzeit auf Gili Air
Selbst sonst modern lebende Indonesier folgen der Tradition ihrer ethnischen Gruppe. Alte Rituale und Trachten gehören dann selbstverständlich dazu. In westlichen Augen wirkt die Zeremonie äußerst exotisch. Auch Frauen, die sonst ungeschminkt durch den Alltag gehen, entkommen dem Make-up-Zwang nicht. Statt allerdings den persönlichen Typ zu unterstrichen, wird das Gesicht der Frau zu einem Maskenbild.
A’an hat wieder einen neuen Stundenplan, sein Deutschunterricht findet nur noch am Dienstag und Mittwoch statt, dafür kann er aber zur Hochzeit eines alten Freundes auf Gili Air fahren, wo sich sonst gefühlt mehr Touristen als Einheimische aufhalten. „Selamat menempuh hidup baru“ – einen gesegneten Start in das neue Leben!
A’an hat schon die Hälfte des Deutschkurses hinter sich, doch dann teilt mir seine Deutschlehrerin mit, seine Klasse müsse mangels Masse aufgelöst werden. Die neue Klasse sei viel größer, aber sie hätte gerade erst mit dem A1-Kurs begonnen. Alles wieder von vorn … Mehr dazu im nächsten Beitrag …
コメント